Limburg-Lindenholzhausen. Von einer kleinen Gemeinschaft hin zu einem der erfolgreichsten Vereine Deutschlands: Seit über 60 Jahren ist Josef Born aus Lindenholzhausen Mitglied beim VdK. Als Kriegsteilnehmer hat er den Wandel hin zum mitgliederstarken Sozialverband selbst miterlebt ...
VON JOHANNES KOENIG
Wenn er abends die Augen schließt, dann „tobt“ es seinen Kopf, und die Kriegserlebnisse sind wieder da. Erlebnisse, die Josef Born aus Lindenholzhausen auch noch Jahrzehnte nach dem Krieg geprägt haben. Denn im Alter von fast 97 Jahren – er feiert seinen Geburtstag am 23. Oktober – ist er das älteste Mitglied der Ortsgruppe Lindenholzhausen des Sozialverbands VdK.
Was heute einer der bundesweit am schnellsten wachsenden Vereine ist, wurde 1950 in Berlin unter dem Namen „Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands“ gegründet. Und das waren damals auch die Mitglieder: „Bei uns im Dorf waren es vier, die sich ab 1948 zusammentaten. Der eine hatte das Auge weg, der andere das Bein“, erinnert sich Josef Born, der selbst im Krieg mehrmals verwundet worden war. Diesen Heimkehrern stand der VdK mit Rat und Tat zu Seite. Konkret bedeutete das, dass die Betroffenen zum Versorgungsamt nach Wiesbaden geschickt wurde.
15 Reichsmark gezahlt
„Dort musste ich dann unter anderem meine Entlassungspapiere aus der amerikanischen Kriegsgefangenenschaft sowie die Verwundetenabzeichen vorzeigen“, erinnert sich Josef Born. Es folgte eine Untersuchung durch den Amtsarzt. Für seine Durchschüsse am Unterarm, an der linken Hand und an der Lunge sowie für die Verletzung des großen Zehs wurde ihm eine Einschränkung von 30 Prozent und eine Zahlung von 15 Reichsmark zuerkannt – und das von der Währungsreform. Mit Hilfe des VdK wurde ihm dann über die Jahre ein stetig größerer Einschränkungsgrad zuerkannt, bis dieser Ende der fünfziger Jahre auf 50 Prozent und dann wegen der sich verschlechternden Lunge sogar auf 70 Prozent angehoben wurde.
Als Kriegsgefangener war Josef Born in einem der sogenannten „Rheinwiesenlager“ bei Sinzig am Rhein untergebracht gewesen. „Die Amerikaner hatten ja selbst kaum was. Deshalb schliefen wir unter freien Himmel in selbstgegrabenen Erdlöchern“, erinnert sich der Zeitzeuge und zeigt auf ein in einem Magazin veröffentlichtes altes Farbfoto des Lagers. Eine Unterbringung, die zusammen mit der mangelhaften Versorgung seiner Gesundheit nicht zuträglich war.
Nach der Rückkehr nach Lindenholzhausen musste er sich beim Beseitigen der in die Lahn gefallenen Reste der gesprengten alten Autobahnbrücke nicht mehr beteiligen. „Die Stadt wollte mich noch verpflichten, der zuständige Amtsarzt beim Landkreis lebte aber hier in der Nachbarschaft und hat mich sofort freigestellt, als ich ihm auf die Frage ,Was hast Du denn?‘ von meinen Verwundungen erzählte.“
Trotz dieser Erfahrungen kam Josef Borns Eintritt in den VdK erst im Jahr 1953 zustande. „Das steht wenigstens so in den Unterlagen“, relativiert die aktuelle Vorsitzende des Ortsvereins, Marlies Mais, das Eintrittsdatum. Die Familiengründung, die Währungsumstellung sowie der Bau des eigenen Hauses und die Arbeit bei der Firma Diener, zuerst als Lagerarbeiter und dann später im Einkauf, hatten Vorrang.
Gemeinschaftssinn und Hilfsbereitschaft wurden aber zum Beispiel schon beim Hausbau vorgelebt: „Man hat sich unter Verwandten, Freunden und Bekannten gegenseitig geholfen und war als Schreiner, Helfer, Installateur oder Schlosser aktiv.“ Und auch die verwendeten Mauersteine wurden zum Teil noch in einem Steinbruch in Niederbrechen selbst gebrochen.
Von 73 auf 167 Mitglieder
1953 war der VdK jedenfalls mit seinen heutigen Größenverhältnissen nicht vergleichbar. „Wir waren ein kleiner Kreis aus Kriegsbeschädigten und Kriegerwitwen, der sich zwei, drei Mal im Jahr zum Kaffeenachmittag traf“, erinnert sich Born. Über die Jahrzehnte starb die Kriegsgeneration allmählich aus. Die Trendwende erfolgte etwa in den letzten 15 Jahren: Denn 2002 hatte der VdK in Lindenholzhausen 73 Mitglieder, nun sind es 167.
Vorsitzender des Ortsvereins ist Josef Born nie gewesen. Er begleitete den Verein aber auch im Vorstand und übernahm bei den Kaffeenachmittagen auch mal die Begrüßungsrede. Wie aber die auf dem Tisch ausgebreiteten Entlassungs- und Wehrmachtsurkunden zeigen, die Kriegserlebnisse sind wieder in der Erinnerung präsent: „Die Dinge kommen alle zurück.“ Unter anderem der Vorfall, wo er einen Kameraden zum Sanitäter schleppte, nur damit der feststellte: „Den können wir liegen lassen, der ist schon tot.“
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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