Limburg-Lindenholzhausen. Tobias Laßmann (16) Julia Wagner (17) haben in den vergangenen Monaten einen Satelliten konstruiert und ihn mithilfe des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) in die Erdatmosphäre geschossen. Die Jungforscher krönten mit diesem Projekt ihre bisherige naturwissenschaftliche Laufbahn, die sie auch in die Physik- und Mathematik-Leistungskurse der Limburger Marienschule geführt hat ...
Bild: Tobias Laßmann und Julia Wagner in ihrem „Labor“
ESA-Wettbewerb
Zwei Limburger Schüler haben einen Satelliten in die Erdatmosphäre geschossen
Bereits in der Sekundarstufe I hatte der Lindenholzhäuser Tobias Laßmann Wasserraketen gebaut. Auf der Suche nach einer professionellen Betreibung seines Hobbys war er auf den CanSat-Wettbewerb der Europäischen Weltraumbehörde ESA gestoßen: Ein CanSat ist ein Satellit in der Größe einer Getränkedose, der von Schüler-Teams entwickelt, gebaut und programmiert wird. Dieser Mini-Satellit wird mit einer Rakete auf eine Höhe von mehreren hundert Metern gebracht und sinkt dann an einem Fallschirm zu Boden. Dabei soll der Satellit Messungen durchführen und andere Aufgaben erledigen, für die er konstruiert worden ist.
Seit den Weihnachtsferien 2015 tüftelte Tobias fleißig an dem Satelliten „Spying Eagle“. Erst vor einigen Monaten holte er sich Unterstützung von der ebenfalls aus Lindenholzhausen stammenden Julia Wagner, die im Frühsommer ihr Abitur absolvieren wird. Zusammen mit Christina Völker und Le Duc Lischetzke, zwei weiteren Jugendlichen aus der Region, traten Tobias und Julia als eines von zehn deutschen Teams beim CanSat-Wettbewerb an.
Tobias Laßmann, Le Duc Lischetzke und Christina Völker hatten ihr Projekt als Schüler der Freiherr-vom-Stein-Schule in Hünfelden begonnen. Nach ihrem Wechsel auf weiterführende Schulen war der Wettbewerb jedoch nicht abgeschlossen, das hatten sie mit einkalkuliert, und deshalb setzten sie ihr gemeinsames Engagement auch anschließend fort.
Ziel des Wettbewerbs ist es, erste authentische Erfahrungen mit einem Raumfahrtprojekt zu sammeln und dabei diegleichen Phasen wie bei einer echten Weltraummission zu durchlaufen. Diese reichen von Planung und Konstruktion über Tests der Einzelkomponenten und des Gesamtsystems bis hin zur Durchführung und der anschließenden Auswertung der dabei gesammelten Daten.
Für das Limburger Team galt es somit, neben dem Statellitenbau eine große Bandbreite an Aufgaben zu bewältigen: „Dabei ging es zwar vor allem um den wissenschaftlichen Anspruch und die technische Umsetzung, aber auch Lernfortschritt sowie Team- und Öffentlichkeitsarbeit spielten in der Wertung eine Rolle“, berichtet Tobias Laßmann. Die verschiedenen Felder hätten sich die jungen Forscher untereinander aufgeteilt und so von den Berechnungsformeln über das Programmieren bis hin zum Aufbau einer eigenen Website alle Themengebiete erfolgreich abgedeckt, erzählt der Marienschüler.
Vierter Platz
Die Aufgabenstellung umfasste eine vorgegebene „primäre Mission“ und eine frei wählbare „sekundäre“. Zur Realisierung stellte die ESA die Grundausstattung. Um die restlichen Kosten zu decken, musste eine Finanzstrategie erarbeitet werden.
Der Satellit des Teams um Tobias Laßmann sollte so programmiert werden, dass er zum einen die Temperatur messen und zum anderen den Luftdruck bestimmen kann. Aus dem Intervall zwischen Luftdruck am Boden und beim Flug sollte dann die Höhe des „Spying Eagle“ berechnet werden. Als „sekundäre Mission“ wollten die Oberstufenschüler mithilfe des Satelliten Fotos aufnehmen, durch ein sogenanntes Orthogonalprojekt verwendbar machen und daraus schließlich eine Karte erstellen. Sofern der Computer strukturelle Übereinstimmungen – zum Beispiel Straßen, Häuser oder Flüsse – mit einer bestehenden und der vom Team erstellten Karte findet, sollte er anzeigen, wo das Bild gemacht wurde.
Für den Wettbewerbstag reisten die Schüler nach Bremen, wo der Satellit zum Einsatz kommen sollte. Mithilfe einer Rakete schoss ihn das DLR auf ungefähr einen Kilometer Höhe, von wo er mit einem Fallschirm wieder zu Boden sank. Das lief alles reibungslos. Nur die Kamera, die zur großen Enttäuschung ausfiel, machte den jungen Forschern Probleme. Am Ende reichte es aber noch für den vierten Platz.
„Ich habe einiges gelernt. Neben dem Programmieren habe ich mich beispielsweise auch mit Koordination und Planung sehr intensiv auseinandersetzen müssen“, sagt Tobias Laßmann. Die Bilanz von Julia Wagner fällt ebenfalls positiv aus: Für sie sei es sehr interessant gewesen, sich mit dem vollkommen neuen Themengebiet zu beschäftigen und sowohl ihre Teamarbeitsfähigkeiten als auch ihre Materialkenntnisse zu vertiefen. „Der Wettbewerb ist ein guter Einstieg für zukünftige größere Projekte“, erklärt Tobias. Er kann sich sehr gut vorstellen, später Physik zu studieren.
Schulleiterin begeistert
Schulleiterin Dr. Henrike Zilling ist begeistert von dem großen naturwissenschaftlichen Engagement der beiden Marienschüler: „Die Jugendlichen haben eine beeindruckende Leistung erbracht und gezeigt, welch großen Talente in ihnen stecken und wie vielseitig sie interessiert sind.“ Dies werde ihnen mit Sicherheit nicht nur in der Oberstufe beziehungsweise auf dem Weg zum Abitur weiterhelfen, sondern stelle auch eine ideale Voraussetzung für Studium und Beruf dar. „Und wer weiß, was Tobias und Julia bis dahin noch alles erforschen“, sagt Dr. Zilling.
Auch wenn es beim CanSat-Wettbwerb nicht für den ersten Platz gereicht hat, so haben es Tobias Laßmann und Julia Wagner mit ihrem Team doch so „hoch“ geschafft, wie noch nie ein Marienschüler zuvor ...
Bild: Dann hebt er ab ... Der Satellit kurz nach dem Abschuss
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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