Limburg. Der NNP-Bericht über illegales Lkw-Parken in Lindenholzhausen hat bei Brummi-Fahrern bundesweit heftige Reaktionen ausgelöst. Ein Anlass, um auf dem Autobahnrastplatz in Limburg mit Betroffenen zu sprechen ...

Mit Fernfahrerromantik hat das Leben der Lkw-Fahrer längst nichts mehr zu tun. Wer seine eigenen Lebensmittel nicht dabei hat, versucht zu Fuß und über „Schleichwege“ zu einem Supermarkt zu gelangen. Foto: Bohnhorst-Vollmer
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Mit Fernfahrerromantik hat das Leben der Lkw-Fahrer längst nichts mehr zu tun. Wer seine eigenen Lebensmittel nicht dabei hat, versucht zu Fuß und über „Schleichwege“ zu einem Supermarkt zu gelangen. Foto: Bohnhorst-Vollmer

Von wegen „Romantik“: Fernfahrer fühlen sich ausgegrenzt und abgeschoben

Von Anken Bohnhorst-Vollmer

Mit Fernfahrerromantik hat das Leben der Lkw-Fahrer längst nichts mehr zu tun. Wer seine eigenen Lebensmittel nicht dabei hat, versucht zu Fuß und über „Schleichwege“ zu einem Supermarkt zu gelangen. Foto: Bohnhorst-Vollmer Limburg. . Viel übrig geblieben ist nicht von der "Fernfahrerromantik". Im Gegenteil: Die Lkw-Fahrer fühlen sich missachtet und ausgegrenzt. Die Autobahn sollen sie möglichst nur verlassen, um ihre Ware abzuliefern, nicht aber um die eigenen Einkäufe zu erledigen, sagen sie.

"Solange man auf deutschen Rastplätzen hinter Zäunen eingesperrt ist, brauche ich kein Europa ohne Grenzen", schimpft der kräftige Mann. "Ware anliefern dürfen wir überall, aber einkaufen nicht", fasst er seinen Ärger zusammen. In die nahe der Autobahn gelegenen Ortschaften dürfe man mit dem Lkw nicht hineinfahren, "weil da gleich die Polizei gerufen wird und man eine Anzeige an der Backe hat", behauptet er.

Von den meisten Rastanlagen aber kommt man nicht weg, weil sie entweder eingezäunt sind wie im rheinland-pfälzischen Heiligenroth, oder "total ab vom Schuss" liegen. Eine "Riesenschweinerei" sei das. Seinen Namen nennt er nicht. Die Arbeitsmarktlage in seiner Branche sei schlecht, und er wolle schließlich seinen Job behalten und nicht bei der Spedition "rausfliegen, nur weil ich mal meine Meinung sage".

Und die ist nicht nur deftig, sondern auch vollkommen anders als etwa die von Barbara Bäcker, Ortsvorsteherin von Lindenholzhausen. Keiner im Dorf habe etwas gegen die Lkw-Fahrer, die selbstverständlich in den Supermärkten einkaufen könnten. Dass jemals die Polizei gerufen worden sein soll, weil die großen Trucks einige Parkflächen blockierten, ist ihr nicht bekannt. Die Parkplätze seien groß genug, und für ihren Einkauf benötigten die Fahrer ja auch nicht sehr lange. Das bestätigt auch die Mitarbeiterin eines großen Supermarktes an der B 8. Jeder Kunde sei willkommen.

Wilde Parkerei

Der Groll, den Frau Bäcker für manche Trucker hegt, gilt ausschließlich jenen, die eben nicht auf die Parkplätze fahren, sondern ihr Fahrzeug trotz der neugesetzten Pfosten an den Straßenrand quetschen. "Weil ihnen das Einparken und Rangieren zu lange dauert", meint sie. Dennoch: "Diese wilde Parkerei ist gefährlich und verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung."

Der erboste Fernfahrer von der Rastanlage Limburg hält dagegen: Seit 30 Jahren sitze er auf dem Bock, und die Feindseligkeit gegen ihn und seine Kollegen sei immer schlimmer geworden. Fernfahrerromantik? "Die gibt´s nur noch im Fernsehen", ist er überzeugt. Seit Jahren pendelt er mit seinem Lkw zwischen den Niederlanden und dem Südosten Europas. Natürlich müssen er und seine Kollegen Pausen einlegen, um zu essen und sich zu erholen.

Und spätestens dann hört das Trucker-Idyll auf: "Dass viele Rastplätze mittlerweile eingezäunt sind, ist doch gar kein Wunder", sagt er. "Die machen das, damit man da zu völlig überteuerten Preisen einkaufen muss", analysiert er zornig die Situation. "Gehen Sie doch mal dahin und trinken eine Tasse Kaffee – dann merken Sie, dass Sie sich keine zweite leisten können!" Die, die das machen, sind die Rastanlagenpächter und wahrscheinlich auch die Kommunen, vermutet er.

Alles dabei – außer Frau

Mit ihm aber könne man so nicht umspringen, ruft er und deutet auf einen "Schleichweg" von der Limburger Tank- und Rastanlage weg in Richtung eines Industrie- und Einkaufsgebiets. Da würden die Kollegen zu Fuß ausschwärmen, um sich mit Lebensmitteln und Getränken einzudecken. "Die sind dann mit Tüten bepackt wie Flüchtlinge", erzählt er, aber wie soll es sonst gehen?

"Essen muss sein", ergänzt ein Fahrer aus Ungarn, der vor drei Tagen in seiner Heimat losgefahren ist und Ware nach Köln liefert. Er hat alles in Ungarn sowie in Österreich eingekauft und wird sich auf seinem Gaskocher gleich eine Portion Gulasch zubereiten, sagt er und öffnet einen kleinen Stauraum neben der Tür seines Trucks, in dem sich Dosen, Brot, Fleisch, Obst und Getränke stapeln.

"Alles dabei außer eine Frau", erklärt der junge Mann und winkt einladend zu seiner Fahrerkabine. Ob da noch mehr Lebensmittelvorräte seien? Nein, entgegnet er, "aber gute Liege".

Artikel vom 25. Juni 2012, 20.11 Uhr (letzte Änderung 26. Juni 2012, 12.39 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

Siehe auch Artikel: Neue Leitpfosten verhindern Lkw-Parken