NNPLimburg. Im Amtsgericht in Limburg steht die Eingangstür nicht mehr still - die meisten Besucher haben ein Ziel: Raum 28. Hier sitzt Rüdiger Eschhofen. Er bearbeitet die Kirchenaustritte. Und es sind vor allem Katholiken, die ihrer Kirche den Rücken kehren ...

Immer mehr Katholiken kehren ihrer Kirche den Rücken. (Symbolbild)
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Immer mehr Katholiken kehren ihrer Kirche den Rücken. (Symbolbild)

Von Judith Hoppermann und Pia-Isabell Haar

In den vergangenen Tagen hatte Rüdiger Eschhofen besonders viel zu tun: „Am Montag war hier die Hölle los“, sagt er. Zeitweise hätten um die 20  Leute vor seiner Tür gewartet. An diesem Tag habe die Austrittswelle ihren Höhepunkt erreicht. „Insgesamt sind am Montag 29 Katholiken aus der Kirche ausgetreten“, sagt Eschhofen. Seit dem Bekanntwerden der hohen Kosten für das Diözesane Zentrum seien es bis gestern insgesamt 90  Katholiken gewesen.

25 Euro und zehn Minuten

Zum Vergleich: An einem „normalen“ Tag treten im Amtsgericht durchschnittlich zwei Menschen aus der Kirche aus. „Das geht dann relativ schnell“, sagt Eschhofen, „die Menschen bezahlen eine Verwaltungsgebühr von 25 Euro. In zehn Minuten nehmen wir dann die Personalien auf, dann melde ich das an die Stadt Limburg, das Finanzamt und die Pfarrei.“

Am gestrigen Dienstag sei es im Vergleich zu Montag aber relativ ruhig gewesen. Trotzdem traten elf Katholiken aus.

Unter anderem standen eine 48-jährige Frau aus Hadamar und ihre 16-jährige Tochter vor dem Amtsgericht. Beide möchten ihren Namen nicht nennen. Nicht nur die NNP, auch ein Reporter des Deutschlandfunks will von ihnen wissen, was die Limburger bewegt. „Mir reicht es jetzt“, sagt die 48-Jährige, „die 120 Euro Kirchensteuer im Monat habe ich lange genug gezahlt. Bei der Firmung meiner Tochter hat der Bischof gepredigt: Nicht das Markenhandy oder die Kleidung, sondern der Mensch ist wichtig“, sagt sie. Mit seiner 15 000-Euro-Badewanne lebe er das nicht gerade vor. Sie selbst sei katholisch und glaube auch an Gott, „aber das kann ich auch ohne Kirche“. Auch eine 58-jährige Verwaltungsangestellte aus dem Nordkreis ist enttäuscht. „Ich wollte einfach ein Zeichen setzen“, sagt sie. „Christentum sieht für mich anders aus.“ Das Geld solle lieber für Seelsorge, Alte und Kranke ausgegeben werden, nicht für Prunkbauten wie die des Limburger Bischofs. „Mir ist der Austritt nicht leicht gefallen“, sagt sie, „aber bevor ich jetzt wieder eintrete, muss sich in der Kirche viel verändern.“ Wenn es bald einen neuen Bischof wie Papst Franziskus gebe, „dann bin ich wieder dabei.“

Markus Ulbert (47) aus Ahlbach hat mit seinem Kirchenaustritt nicht so lange gewartet wie die beiden Frauen. „Am Freitagmorgen beim Frühstück habe ich Zeitung gelesen und schon wieder gab es etwas Neues über den Bischof“, sagt er. Da sei ihm der Kragen geplatzt: „Meine Frau und ich haben uns ins Auto gesetzt und sind zum Amtsgericht nach Limburg gefahren.“
 
An der Ahlbacher Kirche sei seit Jahren der linke Seiteneingang gesperrt und der Kirchturm von einem Gerüst umbaut. „Bei mir ist der Kirchenaustritt eine Form des Protests: Ich bin überzeugter Katholik - immer noch - aber hier muss etwas passieren. Die Kirche hat mich enttäuscht“, sagt er. Er könne sich aber vorstellen, wieder in die Kirche einzutreten: „Wenn wir in zwei Monaten einen neuen Bischof haben, der nach den Idealen des aktuellen Papstes lebt, warum nicht?“
Betroffener Friedhelm Meudt

Aussagen wie diese machen Pfarrer Friedhelm Meudt betroffen. Er weiß noch gar nicht, wie viele Gläubige er in seinen vier Gemeinden Dietkirchen, Dehrn, Eschhofen und Lindenholzhausen verloren hat: „Die Meldungen von den Austritten bekommen wir immer erst nach ein paar Wochen.“ Dann suche er natürlich das persönliche Gespräch, schließlich wolle man wissen warum, „aber viele sind dazu gar nicht mehr bereit“, sagt er. Leider sei der Kirchenaustritt für Gläubige in Deutschland oft die einzige Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen. „Natürlich ist die Botschaft Gottes mehr als das, was hier in Limburg passiert“, sagt Pfarrer Friedhelm Meudt, „aber ich kann die Menschen schon verstehen.“

Auch in den anderen Gemeinden ist seit Beginn der Bischofs-Affäre ein Anstieg der Kirchenaustritte zu beobachten: „In Diez treten täglich sechs bis sieben Personen aus“, sagt Dora Riechner, „normalerweise sind es täglich zwei bis drei Personen.“ In der Westerwaldgemeinde Wallmerod sind seit Dienstag vergangenen Woche 14 Personen ausgetreten. Im Jahresdurchschnitt seien es 50 Personen, dieses Jahr sind aber bereits 71 Gläubige aus der katholischen Kirche ausgetreten.

In der vergangenen Woche bekam der Weilburger Pfarrer Hans Mayer zwei Kirchenaustritte gemeldet. Über die Gründe weiß er noch nichts. Er strebt jedoch ein Gespräch mit den Ausgetretenen an.

Warum immer mehr Katholiken austreten, interessierte gestern auch zahlreiche Medienvertreter: Vor dem Amtsgericht Limburg hatte das ZDF seine Kameras aufgebaut, auf dem Gang vor Raum 28 standen Reporter der Bild-Zeitung. Mit den Journalisten sprechen, das wollten nur wenige Gläubige. Eine ältere Frau sagt beim Verlassen des Raumes: „Ich bin katholisch . . . gewesen.“

[Hier] finden Sie den Artikel sowie weitere Bilder und Videos zum Thema.

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Artikel vom 16.10.2013, 03:30 Uhr (letzte Änderung 17.10.2013, 20:52 Uhr)


Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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