NNPLimburg. Auf Haftstrafen zwischen fünf Jahren und drei Monaten und sechseinhalb Jahren plädierte der Staatsanwalt im Prozess gegen die vier Haupttäter, die im vergangenen Sommer drei junge Kanufahrer aus dem Siegerland überfallen und ausgeraubt haben ...

Staatsanwalt sieht Anklage wegen Raubüberfalls auf drei Kanufahrer bestätigt

Von Anken Bohnhorst-Vollmer


Vier der fünf Angeklagten, die im vergangenen Sommer drei Kanuten an der Lahn überfallen haben, sind nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Hans-Joachim Herrchen die Haupttäter. Für sie forderte er jetzt vor der 2. Großen Jugendstrafkammer des Landgerichts hohe Haftstrafen. Lediglich ein 18 Jahre alter Mann aus Runkel kann auf ein geringeres Strafmaß hoffen.

In seinem Plädoyer machte Herrchen deutlich, dass die Täter sich gemeinsam zu dem nächtlichen Überfall auf die Jugendlichen verabredet hätten, mit denen sie nachmittags noch friedlich am Lahnufer zusammen gesessen, getrunken und einen Joint geraucht hatten. Mindestens einer der Täter, ein 24-Jähriger aus Hadamar, hätte bei dem Überfall ein größeres Messer dabei gehabt. Damit seien die Kanufahrer „massiv eingeschüchtert“ worden. Im Prozess hatten sie von Todesangst gesprochen, erinnerte Herrchen.

Ob auch der 20-Jährige aus Lindenholzhausen ein Messer hatte, habe nicht geklärt werden können, resümierte er. Fest stehe, dass sie zusammen mit einem fünften Mann, einem 18-Jährigen aus Runkel, nachts mit Motorrädern in die Nähe des Tatorts gefahren seien. Während der 18-Jährige sowie die Schwester von zwei der Haupttäter die Fahrzeuge bewachen sollten, gingen die anderen zum Zelt der Kanuten und schlitzten es auf, um Geld, Marihuana sowie Handys zu stehlen.

Von einer „minderschweren Tat“ könne man aber auch bei dem jungen Mann aus Runkel nicht ausgehen. Er habe sich vielmehr der Beihilfe zu einer schweren Straftat schuldig gemacht. Schließlich hätte er sein Zweirad zur Verfügung gestellt. Außerdem habe er nach eigenem Bekunden am Überfall mitwirken wollen, weil er die Täter „cool“ fand.

Gravierender als die Beteiligung an dem Überfall würden bei diesem Angeklagten allerdings dessen Sexualdelikte wirken, die in dem Verfahren mitverhandelt wurden. Wegen „versuchter und vollendeter sexueller Nötigung und exhibitionistischer Handlungen“ forderte Herrchen eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten, die für einen Zeitraum von drei Jahren auf Bewährung ausgesetzt werden können, damit der Beschuldigte seine Lehrstelle nicht verliert.

„Keine Chance genutzt“

Der als Haupttäter bezeichnete 24-Jährige aus Hadamar soll für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis. Er sei voll schuldfähig. Seine „schlechte Sozialisierung“ dürfe nicht zu seinen Gunsten angeführt werden, da der Staat „ihm alles an Hilfe hat zukommen lassen“, er aber keine Chance genutzt habe.

Für den 20-jährigen Täter aus Lindenholzhausen, dessen Revisionsantrag zu einem Urteil aus dem vergangenen Jahr während dieses Prozesses zurückgezogen wurde, forderte der Oberstaatsanwalt eine Gesamtjugendstrafe von sechs Jahren.

Eine verminderte Schuldfähigkeit könne man bei ihm ebenso wenig ausschließen wie bei seinem Halbbruder, einem 29-Jährigen, der stark alkohol- und drogenabhängig sei. Dessen Strafe bemaß Herrchen mit fünfeinhalb Jahren und der Einweisung in eine Entziehungsanstalt.

Der vierte Haupttäter, ein 24-jähriger Mann aus Lindenholzhausen, soll Herrchen zufolge für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis, da er sich während der Tat immerhin „verbal distanziert“ habe. Er habe den jugendlichen Opfern gegenüber bereits beim Überfall geäußert, dass er sich an der Tat gar nicht habe beteiligen wollen. Das Verfahren gegen die 18-jährige Schwester von zwei Angeklagten wurde inzwischen gegen eine Arbeitsauflage eingestellt.

Den Verteidigern zufolge hätten alle Angeklagten die Tat aus einer gruppendynamischen Entwicklung heraus begangen, formulierte Rechtsanwalt Jürgen Arnold und zitierte den gerichtlich bestellten Gutachter Dr. Rainer Gliemann: „Allein hätte diese Tat keiner begangen.“ Außerdem plädierten die Verteidiger dafür, den Raubüberfall als „minderschwere Tat“ zu beurteilen. Denn wenn die Täter geplant hätten, sich das Marihuana zu beschaffen, hätten sie es den jungen Kanufahrer schließlich schon am Nachmittag bei deren erstem Zusammentreffen abnehmen können, gab Rechtsanwalt Olaf Wolff zu bedenken. Es sei hier aber eher von einer spontanen Aktion auszugehen. Das Urteil wird am kommenden Dienstag, 11. Februar, um 14 Uhr verkündet.

Artikel vom 07.02.2014, 03:00 Uhr (letzte Änderung 07.02.2014, 02:52 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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