Limburg-Lindenholzhausen. Krebs! Diese Diagnose zerstört von heute auf morgen Träume, Pläne, Existenzen. Im Rahmen einer Serie lässt die NNP Betroffene zu Wort kommen: Kranke, Geheilte und Helfer. Lothar Preßler (60) hat ein kleines Büchlein verfasst, um anderen Betroffenen Mut zu machen ...
Bild: Lothar Preßler aus Lindenholzhausen berichtet in einem kleinen Buch über seine Knochenkrebs-Erkrankung. Er will Mut machen. Foto: Bude
Von Bernd Bude
24 Jahre lang lernte Lothar Preßler aus Lindenholzhausen mit der teuflischen Krankheit zu leben, auch wenn das Leben lange Zeit nicht mehr lebenswert war. 24 Jahre hat der bei der Stadt Limburg am Bauhof tätige, heute 60-Jährige, gegen den Krebs gekämpft – im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab Rückschläge, Ängste, persönliche Niederlagen und Schicksalsschläge, die manch einen dazu bewogen hätten, das Handtuch zu werfen, ganz einfach aufzugeben. Lothar Preßler hat dies nie getan. Nein, er hat sich sogar nach seiner Leidenszeit dazu aufgerafft, ein kleines Büchlein zu schreiben, das Menschen, die ebenfalls an Krebs erkrankt sind, oder deren Familienangehörigen ein wenig Hoffnung machen soll.
Leid begann mit Unfall
Er bietet auf diesem Wege jedem an, mit ihm Kontakt aufzunehmen. „Ich werde jedem helfen, so weit ich dies kann“, sagt er und erzählt vom Vorfall im Jahre 1990, den er zeitlebens nicht vergessen wird. Lothar Preßler war zu dieser Zeit ein begeisterter Nebenerwerbslandwirt und mit einem Kumpel mit der Weizenernte beschäftigt. Bei einem Unfall auf dem Feld traf ihn ein Häcksler, als er diesen von der Zugmaschine abbauen wollte. Preßler erlitt eine etwa zwei Zentimeter tiefe Platzwunde an seinem linken Unterkiefer und verspürte sodann nur noch Schmerzen.
Zahnärzte konnten ihm zunächst nicht helfen und er wurde verdächtigt zu simulieren. „Der Limburger Arzt Dr. Berscheid hat sich dann im Juli 1991, knapp ein Jahr nach dem Vorfall auf dem Feld, im Nachhinein als Lebensretter erwiesen“, erzählt Lothar Preßler.
Dr. Berscheid handelte, schickte den damals 38-Jährigen zum Nuklearmediziner und dann in die Zahn-Mund-Kiefer-Klinik nach Mainz, die in den folgenden Jahren für Lothar Preßler quasi zu einem zweiten Domizil werden sollte. Im August erhielt der Lindenholzhäuser die Diagnose von Professor Wilfried Wagner, die Preßler nach eigenen Worten „umhaute.“ Der Professor war von einem Osteosakom, einer der gefährlichsten Knochenkrebsarten, überzeugt. Nach der ersten Operation sprach Dr. Wagner dem Patienten Mut zu: „Sie schaffen es. Von unserer Seite ist alles getan. Nun liegt es an Ihnen. Denken Sie positiv.“
Preßler dachte positiv. Ständig. Seine Situation mit einem anfangs entstellten Gesicht meisterte er auf seine Weise. Mit viel Humor und der Devise, „wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“.
Doch während der Krankheit ereilten ihn zwei weitere heftige Schicksalsschläge. Manuel, einziger Sohn aus seiner Ehe, verstarb bei einem Autounfall, und seine Frau verließ ihn ohne Vorankündigung. Zum Glück lernte Lothar Preßler Ilka kennen, sie gab ihm Halt, und am 6. Juni 2006 heiratete er sie.
OPs und Rückschläge
Es folgten Operation auf Operation, weitere Rückschläge. Lothar Preßler schildert dann, wie er im November 2009 erstmals wieder in ein knackiges Brötchen beißen kann und dies als vorweg genommenes Weihnachtsgeschenk ansieht. Heute geht es dem lebensfrohen und stets hilfsbereiten Mann aus „Hollese“ gut, wie er sagt. Er hat seit wenigen Tagen eine neue Zahnprothese, kann seinen geliebten Schwarzwälder Schinken problemlos essen und lässt sich dabei ein Bierchen und auch einmal ein Schnäpschen schmecken.
Knochen-Krebs
Das Osteosarkom , auch osteogenes Sarkom genannt, ist der häufigste primäre bösartige Knochentumor, im Volksmund häufig, aber medizinisch nicht ganz korrekt als „Knochenkrebs“ bezeichnet.
Seine Zellen sind fähig, Knochen und Osteoid (unverkalkte Knochengrundsubstanz) zu bilden. Das Osteosarkom zeichnet sich durch aggressives Wachstum mit Zerstörung des umliegenden Knochens und gegebenenfalls Gelenks aus. Es metastasiert (streut) frühzeitig über die Blutbahn in die Lunge.
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung haben bereits 20 Prozent der Patienten Metastasen und geschätzt etwa weitere 60 Prozent nicht sichtbare Mikrometastasen. Durch eine ausgedehnte Operation mit intensiver Chemotherapie sind etwa 60 bis 75 Prozent der Patienten heilbar .
Diese Krebsart gehört zu den selteneren Krebsarten. Auf ganz Deutschland hochgerechnet ergeben sich etwa 200 Neuerkrankungen pro Jahr.
Das Erkrankungsalter liegt im Mittelwert bei 18 Jahren , und die meisten Erkrankungen werden in der Altersgruppe zwischen dem zehnten und 25. Lebensjahr diagnostiziert.
Männliche Patienten sind häufiger betroffen. Das Osteosarkom ist damit der häufigste bösartige solide Tumor des Jugendalters. Osteosarkome entstehen vorwiegend gelenknah in den langen Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein) des Skelettsystems. 50 Prozent der Osteosarkome befinden sich in direkter Nähe zum Kniegelenk und zehn Prozent in Nähe des Schultergelenks. (bb)
Preßler-Büchlein
Das vorgestellte Büchlein „Vom Mähdrescher zur Krebsstation“ ist zum Preis von drei Euro (ein Euro geht an die Kinderkrebsstation in Mainz) zu erwerben bei: Rathaus-Apotheke Bär, Limburg, Werner-Senger-Straße; Haushaltswaren Ingrid Wagner, Limburg-Lindenholzhausen, Stiegelstraße; Café Kosmol, Limburg, Bischofsplatz und bei Lothar Preßler, Limburg-Lindenholzhausen, Kirchfeldstraße. (bb)
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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