NNPLimburg-Lindenholzhausen. Hat es die Jugend von heute leichter oder schwerer als vor 70 Jahren? Darüber sprachen anlässlich des heutigen „Internationales Tags der Jugend“ sechs Familienmitglieder aus drei Generationen mit NNP-Mitarbeiterin Anken Bohnhorst-Vollmer. Nichts war früher besser, aber vieles war anders, lautet ihr Fazit ...

Die Jugend von früher kann man nicht mit der von heute vergleichen, sagt Herbert Dittrich (2. v. re.) im Gespräch mit seiner Tochter Britta Wiegand, deren Mann Wolfgang und den Enkeln Annika (links), Birthe und Nicolas. Foto: abv
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Die Jugend von früher kann man nicht mit der von heute vergleichen, sagt Herbert Dittrich (2. v. re.) im Gespräch mit seiner Tochter Britta Wiegand, deren Mann Wolfgang und den Enkeln Annika (links), Birthe und Nicolas. Foto: abv.

Internationaler Tag der Jugend

Von Anken Bohnhorst-Vollmer

Herbert Dittrich aus Lindenholzhausen ist 90 Jahre alt und hat viel erlebt. Manches war vielleicht gut für das Familienleben, finden seine in Runkel lebende Tochter Britta Wiegand (50) und deren Mann Wolfgang (60). Anderes war eher befremdlich. Dittrichs Enkel Annika (18), Nicolas (16) und Birthe (13) sind auf jeden Fall froh, dass sie in der heutigen Zeit leben.

NNP: Herr Dittrich, Ihre Jugend liegt mehr als 70 Jahre zurück. Wenn Sie auf Ihr Leben als Heranwachsender zurückblicken und gleichzeitig Ihre Enkel beobachten, was ist für Sie dann der größte Unterschied zwischen damals und heute?

HERBERT DITTRICH (90): Die Zeiten kann man überhaupt nicht vergleichen. Das ganze Leben ist heute anders als früher. Ich hatte zum Beispiel einen 45-minütigen Fußmarsch zu meiner Schule, Fahrräder gab es nicht. Erst als ich 17 Jahre alt war, hatte ich ein Rad. Und nach der Schule ging es zum Arbeiten beim Bauern, zum Kartoffelsammeln und Heumachen. Später habe ich in Heimarbeit Knöpfe auf Papier geheftet oder künstliche Blumengestecke angefertigt. Wir brauchten das Geld, also wurde das so gemacht.
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Auf 247 Jahre Lebenserfahrung bringen es die sechs Familienmitglieder, die sich für dieses Gespräch zum „Internationalen Tag der Jugend“ zusammengesetzt haben.
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BRITTA WIEGAND (50): Aber schön war das doch nicht! Wenn ich an die Kindheit und Jugend meines Vaters denke, graust es mir.

NICOLAS (16): Zum Glück lebe ich heute!

DITTRICH: Wir hatten gar keine Zeit zum Nachdenken. Nach der Schule wurde gearbeitet, und wenn abends um sechs Uhr die Glocken von der Kapelle geläutet haben, wussten wir, dass wir nach Hause mussten. Das wurde nicht hinterfragt. Das war so. Die Jugend heute hat viel zu viel Freizeit, finde ich.

ANNIKA (18): Da bin ich ganz anderer Meinung. Ich bin jeden Tag bis drei Uhr in der Schule, danach muss ich Hausaufgaben machen oder lernen, und am Wochenende arbeite ich. Da bleibt kaum Zeit für ein Hobby oder andere Freizeit.

BRITTA WIEGAND: Das stimmt. Der Schultag von Gymnasiasten ist in der Regel länger als der Arbeitstag der meisten Berufstätigen. Von den Jugendlichen wird heute so viel verlangt, dass ein „normales“ Familienleben kaum mehr möglich ist.

NNP: Wieso?

BRITTA WIEGAND: Weil unsere Kinder in dem bisschen freie Zeit, die ihnen bleibt, andere Aktivitäten haben. Die eine fahren wir zum Turnen, die andere zum Reiten und der dritte spielt Handball. Feste Essenszeiten gibt es kaum noch – obwohl ich mir schon wünsche, mehr von meiner Familie zu haben oder auch mal wieder Gesellschaftsspiele zu spielen.

BIRTHE (13): Ich finde, wir haben genug Familienleben.

DITTRICH: Das Problem ist doch, dass heute alles im Überfluss da ist. Jeder muss ein Handy und einen Computer haben. Den ganzen Tag läuft der Fernseher. Wer spielt denn heute noch draußen?

ANNIKA (18): Also ich habe sehr viel draußen gespielt und wenig ferngesehen.

DITTRICH: Trotzdem: Der heutige Wohlstand taugt nichts. Wenn die Kinder heute ein Essen nicht mögen, bekommen sie etwas anderes. Das war bei uns nicht so! Dass der Wohlstand nichts taugt sieht man auch daran, dass die Jugend mit ihrer Freizeit nichts anfangen kann. Sonst gäbe es schließlich nicht so viele Exzesse mit Gewalt und Alkohol. – Außerdem hatten die Jungen zu meiner Zeit mehr Respekt vor den Alten.

NICOLAS (16, lacht): Respekt haben wir doch.

DITTRICH: Aber nicht wie wir. Wir haben den Hut gezogen, wenn der Lehrer kam oder der Pfarrer. Da waren wir still. Wenn es hieß, „das macht man nicht“, dann haben wir das nicht gemacht.

ANNIKA (18): Naja, ein bisschen mehr Respekt könnten die Kleinen schon vor den Großen haben – zum Beispiel in der Schule. Viele aus den unteren Jahrgängen sind völlig respektlos den Älteren gegenüber, finde ich. Aber dass mehr Wohlstand zu weniger Respekt führt, glaube ich eigentlich nicht.

DITTRICH: Doch. Die Jugend von heute hat doch alles – nur keine Harmonie mehr in der Familie.

NICOLAS (16): Dafür haben wir „Helikopter-Eltern“, die ständig an unserem Leben teilhaben und uns überbehüten wollen.

BRITTA WIEGAND: Wir sind eben besorgt! Wir schränken unsere eigenen Aktivitäten ein, um euch eure zu ermöglichen. Auf der anderen Seite würde ich mir allerdings wünschen, dass ihr selbstständiger wärt und mehr Verantwortung übernehmen würdet . . .

WOLFGANG WIEGAND (60): . . . und Aufgaben im Haushalt. Und dass ihr in eurer Jugend Eure Ideen verwirklicht!

NNP: Aber ist es nicht für die heutige Jugend enorm schwer, sich beispielsweise im vielfältigen Angebot in der Berufswelt zu orientieren? Hatten es die Älteren da nicht leichter?

ANNIKA (18): Ich weiß jedenfalls noch nicht so recht, was ich nächstes Jahr nach dem Abitur machen soll. Studieren würde ich gerne, aber was?

DITTRICH: Du musst selber wissen, wozu du Lust und Liebe hast. Einmal kann man sich vertun und abbrechen. Aber nur einmal, sonst wird’s nichts. Ihr müsst erst einmal lernen, damit ihr was könnt. Was kann die Jugend heute denn?

BIRTHE (13): Auf dem Handy schneller eine Nachricht schreiben als ihr!

DITTRICH: Computer, Handy – das kann doch nicht alles sein!

BRITTA WIEGAND: Ich finde es einfach sehr störend, wenn ich zum Beispiel mittags Nicolas und Birthe zum Essen rufe und die beiden mit ihren Smartphones beschäftigt sind. Da komme ich überhaupt nicht zwischen die Handy-Kommunikation. Da ist das Handy dann wichtiger als alles andere!

NNP: Tatsächlich laufen junge Menschen, die nicht ständig erreichbar sind, heute Gefahr, zu Außenseitern zu werden.

NICOLAS (16): Klar! Man muss den ganzen Tag erreichbar sein. Dafür hat man ja eine Internet-Flatrate.

ANNIKA (18): Oder auch nicht. Ich habe keine, und ich habe mich auch lange Zeit geweigert, mich bei Facebook oder WhatsApp anzumelden.

NNP: Weil . . . ?

ANNIKA (18): . . . ich mein Kommunikationsverhalten selbst bestimmen wollte. Aber in der Schule gibt es für die einzelnen Kurse Social-Media-Gruppen, in denen wichtige Inhalte ausgetauscht werden. Und wenn man da nicht drin ist, bekommt man einfach nicht alles mit.

BRITTA WIEGAND: Manche Lehrer stellen ja mittlerweile sogar die Aufgaben über Facebook.

NNP: Herr Dittrich, was wünschen Sie Ihren Enkeln?

DITTRICH: Dass sie nie das erleben müssen, was ich erlebt habe. Dass sie nie hungern müssen oder Not erfahren, das hoffe ich für sie. Aber ich fürchte, dass auch die Jugend von heute noch schwere Zeiten vor sich hat.

ANNIKA (18): Naja, die Schlaghosen von früher sind ja schon wieder da.

Das sind unsere Gesprächspartner

Auf 247 Jahre Lebenserfahrung bringen es die sechs Familienmitglieder, die sich für dieses Gespräch zum „Internationalen Tag der Jugend“ zusammengesetzt haben. Senior der Runde ist Großvater Herbert Dittrich. Er ist 90 Jahre alt und wohnt seit mehr als 60 Jahren im Limburger Ortsteil Lindenholzhausen. Hier wuchs auch seine heute 50-jährige Tochter Britta Wiegand auf. Mittlerweile leben die Tochter und ihr Ehemann Wolfgang (60) mit ihren drei Kindern Annika, Nicolas und Birthe in Runkel-Steeden. Annika Wiegand ist 18 Jahre alt und wird im kommenden Jahr ihr Abitur am beruflichen Gymnasium der Peter-Paul-Cahensly-Schule in Limburg absolvieren. Der 16-jährige Nicolas hat die Realschule abgeschlossen und sucht noch einen Ausbildungsplatz als Fachinformatiker, und Birthe (13) besucht derzeit die Leo-Sternberg-Schule. abv

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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