NNPLimburg-Lindenholzhausen. Männergesang, Mundharmonikas und Petticoats – der abwechslungsreiche „Bunte Abend“ des Bahnsozialwerks konnte sich wirklich sehen und hören lassen ...

Viel Schwung und RocknRoll gab es beim Auftritt der „Lollipops“ aus Ober-Rosbach. Foto: Quirein
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Viel Schwung und RocknRoll gab es beim Auftritt der „Lollipops“ aus Ober-Rosbach. Foto: Quirein

„Bunte Abend“ des Bahnsozialwerks

Es ist ein Treffpunkt der besonderen Art: Seit rund zehn Jahren organisiert das Limburger Bahnsozialwerk (BSW) einmal pro Jahr im Herbst einen „Bunten Abend“. „Das ist auch mal eine Gelegenheit, alte Kollegen wiederzusehen“, erzählte der Erste Vorsitzende der Ortsstelle Limburg, Erhard Nilges. Denn die meisten der Limburger BSW-Mitglieder sind inzwischen nicht mehr aktive Bundesbahner.

„Mitglieder heißen bei uns übrigens inzwischen Förderer“, ergänzte er noch schmunzelnd. Etwa 300 Förderer waren an diesem Abend nach Lindenholzhausen gekommen. Unter ihnen befanden sich offenbar auch ein paar Neulinge: „Bisher war ich bei Bahn und auch BSW immer mehr in Richtung Frankfurt orientiert“, erzählte einer der Anwesenden. Nun war er zum ersten Mal beim Limburger BSW-Abend.

Auf ihn und die anderen wartete ein rund dreistündiges Programm. Die musikalische Eröffnung übernahm dabei der hauseigene BSW-Chor unter der Leitung von Walter Burggraf. „Wir achten bei der Programmgestaltung immer darauf, möglichst viele aus der Region einzuladen“, sagte Erhard Nilges der NNP. So folgte dem Chor gleich eine Mundharmonika-Gruppe aus Eschhofen mit ihrer Interpretation populärer Volkslieder und Schlager. „Mitsingen ist erwünscht“, schallte es von der Bühne. Und viele ließen sich nicht zweimal bitten und stimmten laut mit ein.

Vielstimmigen Gesang vom Feinsten boten dann die „Holzheimer Schoppensänger“: Was 1983 als eine Bereicherung örtlicher Kappensitzungen begann, genießt dank zahlreicher Auftritte sogar jenseits der Regionsgrenzen einen guten Ruf. Diesem wurden die Sänger an auch an diesem Abend wieder gerecht. Nicht aus dem heimischen, aber trotzdem ein echter Hingucker waren die „Lollipops“ aus Ober-Rosbach. Sie sind der größte Rock’n’Roll-Club in Hessen und feierten im vergangenen Jahr ihr 25. Jubiläum. Nach Lindenholzhausen waren sie durch erfolgreiche Mundpropaganda gekommen. „Auf einer Privatfeier hatte einer der Gäste gesagt, Euch will ich für das BSW haben“, erzählte später einer der Tänzer.

Jedenfalls begeisterten die Ober-Rosbacher ihr Publikum mit fetzigen RocknRoll-Showtanzeinlagen und hinreißenden Kostümen: Mit selbstgenähten Petticoats und den für die Damen damals obligatorischen Pferdeschwanzfrisuren entführten die Tänzer das Publikum zurück in die späten50er Jahre. Alle beteiligten Gruppen ließen es sich dann auch nicht nehme, im Laufe des Abends noch ein zweites Mal aufzutreten.

Ein weiter Höhepunkt der Veranstaltung war die Ehrung von Helmut Gärtner: Seit 20 Jahren ist er ehrenamtlich für das Bahnsozialwerk tätig. „Wir brauchen immer wieder Leute wie Dich, die mit anpacken“, lobte Erhard Nilges das Engagement seines Mitstreiters. Nach diversen Aufgaben im Vorstand hütet der Jubilar inzwischen die Kasse der Limburger Ortsgruppe. Dafür gab es eine Urkunde, die Gratulation des Vorsitzenden und viel Applaus aus dem Publikum. (koe)

Erhard Nilges. Foto: Koenig Der altmodische Solidaritätsgedanke

Bild: Erhard Nilges. Foto: Koenig

Über 300 Förderer sorgten dafür, dass zum „Bunten Abend“ des Limburger Bahnsozialwerks das Bürgerhaus in Lindenholzhausen fast ausverkauft war. Aber was genau ist eigentlich das BSW und was tut es?

Antworten auf diese Fragen darauf lieferte der Erster Vorsitzende der Ortsstelle Limburg, Erhard Nilges. Er ist seit 40 Jahren bei der Deutschen Bahn und arbeitet dort seit zwei Jahrzehnten als Betriebbezirksleiter Limburg/Westerwald. Als solcher ist er für die Fahrdienstleiter auf den Stellwerken zuständig. Im BSW ist er seit 20 Jahren im Vorstand und seit zehn Vorsitzender.

Wie auch bei seinen fünf Vorstandskollegen ist das Engagement für das BSW eine ehrenamtliche Freizeitbeschäftigung. „Deutschlandweit gibt es etwa 400 Ortsstellen“, das BSW gebe es seit 1904. Die Limburger Ortstelle habe etwa 2000 Förderer. Die hohe Mitgliederzahl sei historisch bedingt, betonte der Vorsitzende. „In seinen Glanzzeiten hatte das Ausbesserungswerk in Limburg allein schon 2000 Beschäftigte“. Zusätzlich war die Domstadt ein durchaus bedeutender Bahnknotenpunkt. Denn hier kreuzen sich die beiden Strecken „Frankfurt – Westerwald“ und „Gießen – Koblenz“.

Wie der Name schon verrät, ist das Sozialwerk dem sozialen Grundgedanken verpflichtet. Seine Mitgliedschaft besteht aus aktiven und ehemaligen Bahnangestellten. Letztere stellen auch den Großteil der Mitglieder. Zu den Leistungen des BSW zählen unter anderem Freizeit- und Reisegestaltung, Sozialberatung, Gesundheitsvorsorge und Kinderbetreuung. „Wir sind keine Krankenkasse oder Rentenversicherung“ und auch dem Sozialverband VdK machten sie keine Konkurrenz. Alle Aktionen würden außerdem ehrenamtlich organisiert, betont Erhard Nilges.

Der Umfang der Aktivitäten stoße deshalb auch regelmäßig auf seine natürlichen organisatorischen Grenzen. Das gelte zum Beispiel für die beliebten jährlichen Karnevalsausflüge nach Köln oder Mainz. 250 Leute in fünf Busen machen sich dann auf dem Weg: „Mehr geht nicht“, noch mehr Teilnehmer wären kaum zu managen, gibt Nilges zu Protokoll. Auch der jährliche Besuchs des Weihnachtsmarktes – dieses Jahr geht es nach Rüdesheim – ist eine feste Tradition. Alle zwei Jahre gibt es auch eine Kinderweihnachtsfeier. „Das ist für die jüngeren Förderer und ihre Familien und wird sehr gut angenommen“, lautet die Auskunft.

Wie viele Vereine und ehrenamtliche Organisationen kämpft das BSW um Nachwuchs, denn die Mehrzahl der Mitglieder befindet sich schon im gesetzten Alter. Quasi zeitgleich mit Ausbildungsbeginn sei er damals eingetreten: „Der Mitgliedsbeitrag war damals 50 Pfennig im Monat, heute sind es drei Euro“. Spaß machte der Einsatz für die Kollegen aber immer noch. Denn am Ende des Tages sei doch der „altmodische“ Solidaritätsgedanke ein Hauptgrund für das Engagement. koe

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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