Limburg. Bekommen viele Limburger ihr für Straßengebühren gezahltes Geld zurück? Diese Frage bleibt bis zur Stadtverordnetenversammlung am Montagabend spannend ...

Die Ferdinand-Dirichs-Straße in Limburg wurde 2017 saniert. Weil die Straße 2018 noch nicht abgerechnet war, profitierten die Grundstückseigentümer von der Abschaffung der Zweitausbausatzung und mussten keine Straßenbeiträge zahlen. FOTO: STEFAN DICKMANNBild: Die Ferdinand-Dirichs-Straße in Limburg wurde 2017 saniert. Weil die Straße 2018 noch nicht abgerechnet war, profitierten die Grundstückseigentümer von der Abschaffung der Zweitausbausatzung und mussten keine Straßenbeiträge zahlen. FOTO: STEFAN DICKMANN

LIMBURG - Ausschuss stimmt mit knapper Mehrheit gegen Fortsetzung des Verfahrens

Am Mittwochabend bekam diese Hoffnung einen gehörigen Dämpfer. Der Haupt- und Finanzausschuss hat mit knapper Mehrheit (7 : 5) empfohlen, dass die Stadt nicht gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vorgehen soll. Danach muss die Stadt die zwischen 2007 und 2018 eingenommenen 2,1 Millionen Euro an Straßengebühren nicht zurückzahlen. Tatsächlich geht es aber wohl "nur" um rund 260 000 Euro.

CDU (6) und Grüne (1) stimmten gegen eine Fortsetzung des Verfahrens, SPD (4) und FDP (1) dafür. Der Vertreter der SÖFL fehlte in der vom Ausschussvorsitzenden Peter Licht (CDU) geleiteten Sondersitzung im großen Saal der Josef-Kohlmaier-Halle.

Der Anwalt und Bevollmächtigte der Stadt, der Wiesbadener Rechtsanwalt Dieter Schlempp, erklärte detailliert das Urteil und die Folgen. Der erfahrene Verwaltungsrechtler erläuterte verschiedene Aspekte, um den Beschluss anzufechten und riet den Stadtverordneten, den Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen.

Wasser auf die Mühlen der FDP-Fraktionsvorsitzenden Marion Schardt-Sauer; auch SPD-Sprecher Paul-Josef Hagen schloss sich der Argumentation an. CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Sebastian Schaub warf die Frage nach den Kosten eines weiteren Rechtsstreits auf und bezeichnete die Erfolgsaussichten als gering. Ebenso sein CDU-Kollege Dr. Christopher Dietz - und damit war die Mehrheit klar. "Aufgrund des eindeutigen Gerichtsurteils wären weitere juristische Schritte gegen alle Vernunft", sagte Dietz. Dadurch würden andernorts besser einzusetzende Steuermittel sinnlos verbraten. Seine Fraktionskollegen, Rechtsanwalt Achim Waldherr und Steuerexperte Richard Eisenbach, begründeten die Haltung aus fachlicher Sicht.

Die meisten Anlieger sind nicht betroffen

Zum Hintergrund: Von 2007 bis 2018 galt in Limburg die sogenannte "Zweitausbausatzung". Anwohner von Straßen, die saniert wurden, mussten anteilsmäßig Straßenbeiträge in vier- bis fünfstelliger Höhe zahlen. Grundlage für diese Praxis waren gesetzliche Regelungen, die das Land den Kommunen auferlegt hatte. Das ist mittlerweile Geschichte. Nach einer Gesetzesänderung (aus einem "Soll" wurde ein "Kann") hat die Stadtverordnetenversammlung die Aufhebung der Satzung beschlossen.

Offen war im Anschluss allerdings die Frage, ob die Stadt die seinerzeit entrichteten Straßenbeiträge an die Bürger zurückerstatten kann. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage Ende September mit einem klaren "Nein" beantwortet: Eine rechtmäßige Satzung habe zugrunde gelegen, eine Rückzahlung sei deswegen kategorisch ausgeschlossen. Die Stadtverordneten müssen nun entscheiden, ob sie beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil stellen wollen.

Die CDU spricht sich klar dagegen aus: Aufgrund der aus ihrer Sicht sehr eindeutigen Urteilsbegründung seien die Erfolgsaussichten verschwindend gering. Selbst wenn die Berufung zugelassen würde, sei das Verfahren angesichts der "glasklaren und nun wiederholt bestätigten Rechtslage zum Scheitern verurteilt", so Dietz. Zudem gehe es bei der Rückzahlung der Straßenbeiträge keineswegs um alle Fälle in der betroffenen Zeitspanne, sondern ausschließlich um diejenigen Bescheide, die noch keine Rechtskraft erlangt hätten, weil die Zahlungspflichtigen Widerspruch eingelegt haben.

Die allermeisten Anlieger haben ihre Beiträge bezahlt und keinen Widerspruch eingelegt; sie können daher selbst im nach Meinung der CDU "hochgradig unwahrscheinlichen" Fall eines Erfolges der Berufung nicht auf Rückzahlung hoffen. Insgesamt gehe es um Beiträge von rund 260 000 Euro, rechnete die CDU vor. Dem stünden allerdings Prozess- und Anwaltskosten in fünfstelliger Höhe gegenüber.

Die CDU-Stadtverordneten meinen, dass das Geld der Steuerzahler gerade in Corona-Zeiten sinnvoller ausgegeben werden könne und müsse. "Wir hätten uns für die Betroffenen einen anderen Ausgang gewünscht. Wir sollten aber nicht zuletzt angesichts der sehr angespannten Kassenlage aufgrund der Corona-Krise Verantwortung übernehmen", sagte Christopher Dietz. "Statt also in einem sinnlosen Prozess Anwälte zu alimentieren, sollten wir lieber in unsere Kindergärten und die nachhaltige Stärkung von Innenstadt und Verkehrsinfrastruktur investieren. Da ist das Geld der Bürger besser aufgehoben", sagte der Fraktionsvorsitzende.

FDP will "endlich Gerechtigkeit"

Marion Schardt-Sauer reagierte später "entsetzt" - vor allem über die Aussage von Richard Eisenbach, die Stadtverordneten würden in dieser Sache Zeit verplempern. "Wir sind dafür da, die Interessen der Bürger zu vertreten", betonte die Juristin. Sie appelliert an die "Akteure des schwarz-grünen Bündnisses, bis Montag zur Besinnung zu kommen". Die Stadt sollte den rechtlich möglichen Weg bis zum Ende gehen und endlich für Gerechtigkeit sorgen. "Wir müssen die Ungleichbehandlung zwischen denen, die Beiträge gezahlt haben und denen, die von der Aufhebung der Satzung profitieren, beenden", forderte Schardt-Sauer. hei

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

 

 

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